6.1.1 Liste der am 22.10.1940 nach Gurs deportierten Mutterstadter jüdischer Herkunft
– Namensaufstellung für die Gedenktafel im Ehrenhof des Neuen Friedhofes -


Arbeitsbericht über die Aufstellung der Deportationsliste.

Nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 11.12.2001 für die am 22. Oktober 1940 von Mutterstadt aus nach Gurs deportierten Mutterstadter Bürger eine Gedenktafel aufzustellen, wurde seitens der Gemeindeverwaltung beauftragt, die Namensliste für die Gedenktafel angefertigt.

Dazu stellten sich die Fragen:

  • Welche Personen werden aufgenommen?
  • Welche Unterlagen stehen dafür zur Verfügung?

Im Gemeindearchiv Mutterstadt gibt es dafür u.a. folgende Unterlagen:

  • Kartei Mutterstadter Israeliten im 19./20. Jahrhundert
  • Listen der verschiedensten Art über die Juden in Mutterstadt
  • Liste der deportierten Mutterstadter Juden
  • Diverse Literatur: Bücher, Fachzeitschriften, Listen, Presseberichte u. Ä.
  • Kopien von Listen aus dem Bundesarchiv Koblenz
  • Kopien einer Auflistung des Landesarchivs Speyer
  • Kopien von Schreiben von Zeitzeugen an die Gemeindeverwaltung und an Privatpersonen über die damaligen Ereignisse.

Nach Durchsicht dieser Unterlagen zeigte sich leider, wie so oft bei Recherchen, Folgendes:

Bei verschiedenen Listen und Aufstellungen fehlen die Angaben, wann, wer und wo die Unterlagen erstellt wurden, des Weiteren die Quellenangaben. Auch ist festzuhalten, dass immer wieder von einer Liste auf die andere Liste Übertragungen vorgenommen werden und sich dabei Fehler einschleichen, die dann bei der nächsten Übertragung mit übernommen werden usw.

Nächste Vorgabe:

Mit der Gedenktafel soll lt. Gemeinderatsbeschluss an die jüdischen Mitbürger erinnert werden, die am 22. Oktober 1940 von Mutterstadt aus nach Gurs deportiert wurden. Nicht aufgenommen werden also die Personen, die hier geboren und dann verzogen sind, hier einmal gelebt haben oder sich am 22. Oktober 1940 nicht in Mutterstadt aufgehalten haben usw. Es wird auch nicht berücksichtigt, welches weitere Schicksal die Deportierten erlitten oder ob und wie sie überlebt haben.

Ausgehend von dieser Sachlage wurden die Unterlagen gesichtet. Es wurde korrespondiert und klärende Gespräche geführt. Dabei ergaben sich Recherchen u.a. zu folgenden Sachverhalten:

Welche Unterlagen sind am authentischsten: Die Judenkartei von Mutterstadt (Einwohnermeldeamt), die Speyerer Liste (Dokumente des Verbrechens) oder sonstige Unterlagen (Aussagen von Zeitzeugen, Nachkommen, Familienangehörigen)?

Des Weiteren mussten die teilweise von einander abweichenden Vornamen und Geburtsdaten in den verschiedensten Listen abgeglichen werden. Beispiel: Wie ist zu entscheiden bei Personen, die in der Transportliste Drancy-Auschwitz aufgelistet sind, aber nicht in der Speyerer Liste?

Können Personen, die 1938 emigriert sind, auf der Liste stehen? Wurden auch katholisch getaufte Israeliten deportiert? Wann und von wem wurden die Eintragungen in der Judenkartei im Gemeindearchiv vorgenommen und, sehr wichtig, auf Grund welcher Unterlagen?

Nach Rücksprachen u.a. mit Alfred Dellheim, Kurt Düppel, Harry Kindermann, Ruth Külbs, Bernhard Kukatzki, Hermann Magin, Herbert Metzger, Hermann Morweiser, Roland Paul und Ingrid Schellhammer haben wir nunmehr 52 Persönlichkeiten, die am 22. Oktober 1940 von Mutterstadt aus deportiert wurden und auf der Gedenktafel genannt werden.

Deshalb folgender Hinweis:

Rückfragen in anderen Städten und Gemeinden haben ergeben, dass diese vor ähnlichen Problemen standen bzw. stehen, dies bezogen auf die lückenlosen und richtigen Auflistung der in Frage kommenden Personen. Sollte deshalb ein Fehler in der Liste sein, könnte dies zu gegebener Zeit auf der Gedenktafel berichtigt werden, so wie es anderen Ortes auch schon geschehen ist. Die Konzeption und Gestaltung der Namensgedenktafel lässt dies zu.

Autor: Volker Schläfer, Jahrgang 1942, ist geschäftsführender Beamter der Gemeinde Mutterstadt. Er nutzt u.a. Wissen aus dem Gemeindearchiv, um dieses zu publizieren. Schläfer ist Gründungsmitglied des Historischen Vereins der Pfalz e.V., Ortsgruppe Mutterstadt, und der zwei Bürgeraktionen mit deren Ziel, den 1940 deportierten Mutterstadtern jüdischer Herkunft wieder einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte zu geben.

Fotos und Sonstiges sowie die dazugehörenden Texte, die Autoren-Kurzbiographie sowie die Multiple-Choice-Fragen wurden durch den Herausgeber zusammengestellt.

Quelle: Siehe Quellennachweis Titel 9 (Nr. 000)